Unwetter 1874

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Am 10. Juli 1874 fegt ein schweres Gewitter mit sintflutartigem Regen und Hagel über Kyllburg hinweg. Fast die gesamte Ernte wird vernichtet, Straßen und Felder mit Schlamm und Geröll verschüttet. Menschen kommen nicht zu Schaden.

Die Kölnische Zeitung vom 13. Juli 1874 berichtet[1]:

Kyllburg, 11. Juli. Ein großes Unglück hat gestern einen Theil des Kyllthals betroffen, in einer Reihe von Gemeinden die gegründeten Hoffnungen auf eine gesegnete Aernte in einer Stunde vernichtet. Schon seit etwa vierzehn Tagen ließ die excessive trockene Hitze mit einem gewissen Bangen an die Möglichkeit eines schadenbringenden Gewitters denken, aber an ein solches Unwetter, wie es gestern Mittag unsere Gegend heimsuchte, erinnern sich selbst die ältesten Leute nicht. Gegen 1 Uhr Nachmittags umzog sich der Himmel, und jedermann freute sich, durch einen erfrischenden Regen endlich von der erschlaffenden, geradezu tropischen Hitze erlöst zu werden; da aber verwandelte sich der vorher sonnige Mittag im Zeitraum weniger Minuten in dunkle Nacht, und als ob die Pforten der Hölle dich aufthäten, so brach unter Donner und Blitzen ein Orkan aus Nordwesten los, wie sie zwischen den Wendekreisen der Schrecken, das Entsetzen alles Lebenden sind. Bald wurde das Tosen des Sturmes, ja, selbst der Donner Donner durch ein unheimliches Geprassel übertönt, vermischt mit dem Geräusch zahlloser klirrender Fensterscheiben. Schlossen (Anm. Hagelkörner), deren kleinste die Größe einer Walnuß erreichten, flogen durch die geschlossenen Fenster in die Zimmer, und ihnen folgte durch die geschlossene Bresche der strömende Regen, den der entsetzliche Wolkenbruch von dem nachtschwarzen Himmel herniedergoß. Eine Stunde, eine volle, bange Stunde dauerte dieses Toben der Elemente, da wurde es heller, und das wiederkehrende Tageslicht enthüllte ein Bild der Verwüstung. Oben auf dem sogenannten „Stift“ lagen eine Menge starker Obstbäume entwurzelt oder abgebrochen am Boden; unreife Aepfel und Birnen, halbreife Kirschen bedeckten in zahlloser Menge, mit Schlossen vermischt, die Erde, um bald von den strömenden Gießbächen in die brausende Kyll hinabgespült zu werden. Die geträumte gesegnete Obst-Aernte war vernichtet. Fast das gleiche Schicksal hat einen großen Theil der Hopfengärten betroffen, so daß diese ergiebige Quelle des Wohlstandes für die Gemeinden Kyllburg, Malberg, St. Thomas für dieses Jahr versiegt ist. Ein Theil des Daches vor dem Anbau der Stiftskirche lag mit dem Gebälk, auch ein steinernes Kreuz vom Dachfirst zertrümmert auf dem Rasen. In der ganzen langen Straße vom Stift herunter bis zum Bahnhofe, die während des schlimmen Wetters einem brausenden Nebenstrome der Kyll mehr als einer Straße glich. war auf der ausgesetzt gewesenen Seite nicht ein Fester ganz geblieben, und die runden Löcher in den Scheiben gaben Zeugniß davon, mit welcher Gewalt die Hagelkörner eingeschlagen waren. Ganze Garben von den Strohdächern  schwammen dem Flusse zu, Schieferdächer in großer Zahl waren theils zertrümmert, theil herabgeworfen. Ging man weiter hinab nach Malberg zu, so war das Bild ein gleiches. Ganze Erdstücke mit Rasen und Gesträuch waren von der Bergseite abgelöst und von den Giesbächen auf die Straße getrieben; Steine, ja, Felsstücke bedeckten den Weg, und die vor einer Stunde noch lachenden Kyll-Wiesen waren in eine schmutzige Fläche von Sand, Geröll und Schlamm verwandelt. Im Dorfe Malberg war die Verwüstung wo möglich eben so grauenhaft wie in Kyllburg, und wie kurz nachher der Telegraph meldete, auch in Erdorf und weiter die Kyll hinab. Die Eisenbahn ist an verschiedenen Stellen zerstört, so daß die Verbindung mit Trier vorläufig aufgehoben ist. Am großen Tunnel bei Wilsecker ist der Bahndamm in der Ausdehnung mehrerer Ruthen weggeschwemmt und die Kyll damit zugeschüttet; an anderen Stellen bedeckt Geröll in der Höhe von 40-50 Fuß die Bahn, darunter Felsen von 40-50 Kubikfuß; mehrere Hundert Arbeiter sind aufgeboten, die Verbindung möglichst schnell wieder herzustellen. [Dies ist, wie bereits mitgetheilt, seit gestern, dem 12. d., wieder gelungen.] Und wie sieht es auf den Höhen aus, wo die wogenden Kornfelder noch gestern der Stolz und die Freude des Landmannes waren! Der angerichtete Schade allein in der Bürgermeisterei Kyllburg berechnet sich nach Hunderttausenden; Niemand ist, der nicht Verluste irgend welcher Art zu beklagen hätte; nur Ein Trost in den allgemeinen Unglück ist geblieben, nämlich daß bis jetzt noch kein verunglücktes Menschenleben zu unserer Kenntniß gelangt ist.

Quellen