Eisgang 1891

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1891 Eisgang.jpg

Am 25. Januar 1891 führte Tauwetter zu starkem Eisgang und Überflutungen im Bereich der unteren Bademer Straße.

[1]Kyllburg. Das war eine schreckliche Nacht vom Samstag auf Sonntag. In Folge des plötzlich eingetretenen Thauwetters mit regen ging der Schnee rapide ab, und das Eis mußte sich lösen auf der Kyll. Was man befürchtete, geschah Nachts 4 Uhr, als mit schrecklichem, dumpfen Getöse die gewaltige Eismasse sich heranwälzte. Die feste steinerne Brücke unterhalb des Bahnhofs wankte und bebte, wurde jedoch vom Einsturz gerettet, da kundige Hände die Eismassen durch die Bogen der Brücke dirigierten. Die Brücke war zwar gerettet, aber alsbald stellte sich das Eis; innerhalb weniger Minuten hatte sich das Wasser ausgedehnt. Diesseits und jenseits der Kyll, im Nu war Alles überschwemmt. Bis zu 3 Fuß stand das Wasser in den Ställen und Wohnungen der der Kyll entlang gelegenen Häuser. Man läuft in die Ställe, das Vieh steht nur mehr mit dem Kopfe über dem Wasser, man hat Mühe, es los zu binden, es schwimmt förmlich. Ein Stück Vieh schwamm hinaus durch die halb geöffnete Thüre und mußte Halt machen auf einer kolossalen Eisscholle von 60 Ctm. Dicke, wo man es auffing und durch’s Wasser auf eine Anhöhe rettete. In demselben Stalle ertranken zwei junge, acht Monate alte Ochsen. Die beiden Pferde konnten nur mit Mühe gerettet werden. Ein Kalb brachte man rechtzeitig noch auf den Heuboden über dem Stalle. Den Knechten waren Schuhe und Stiefeln weggeschwemmt. Sie dankten Gott, ihr Leben gerettet zu haben. Eine Frau, schon 10 Jahre krank im Bette liegend, schwamm mit ihrem Bette im Zimmer. Ihr treuer Sohn, dein schwimmendes Vieh im Stalle vergessend, dachte nur an die Rettung seiner Mutter. Zwei Stunden hatte er sich gegen die Thüre gestemmt, um den Strom vom Eindringen abzuhalten und nur nach dem Fenster blickend, ob nicht etwa eine Eisscholle dasselbe durchbreche und dem Wasser Eingang verschaffe. Endlich sank das Wasser ein wenig, ein Funke von Hoffnung für die betenden und weinenden Insassen. Das Maschinenhaus der Gerberei Friderichs wurde weggeschwemmt, mehrere hundert Häute sichten das Weite. In den Häusern hörte man nur Weinen, Jammern und Wehklagen.. Das Eis wälzt sich über die Straße, schwemmte Misthaufen hinweg, stürzte Wagen um und trieb sie vor sich her und knickte hohe Pappelbäume wie Strohhalme. Der Bürgermeister war den ganzen Tag thätig mit Mannschaften, um das Eis zu sprengen; aber vergebens. Bis endlich um 3 Uhr Sonntag Nachmittags ein Extrazug von Trier einen Pionier-Hauptmann mit 3 Soldaten brachte, um das Eis zu sprengen und die Wasser ins richtige Bett zu leiten. Neun Schüsse wurden abgefeuert und die Wasserbahn war unter allgemeiner Freude und Hurrah-Rufen frei gemacht. Herr Landrath von Bitburg kam mit dem 4 Uhr-Zug an und besichtigte nachher die Wohnungen und tröstete die Leute, besonders die alte 79jährige Frau, die mit ihrem Bette schwamm. Der Extrazug fuhr dann nach Mürlenbach, um dort das Eis zu sprengen. Kyllburg wird die Nacht vom 24. Auf dem 25. Jan. 1891 nie vergessen. Dank Gott, daß keine Menschenleben zu beklagen sind. Der Schaden in der Gerberei Friderichs beläuft sich auf mehrere Tausend Mark; man spricht von 8000 M.

Im Düsseldorfer Volksblatt vom 28. Januar 1891 steht folgendes[2]:

Trier, 27. Jan. Die Eifelflüsse haben bei ihrem Eisgänge große Verheerungen angerichtet. Sehr geschädigt ist besonders die Stadt Kyllburg durch das Eis der Kyll. Alles Vieh ertrank, viele Häuser sind eingestürzt. Telegraphisch aus Trier herbeigerufene Pioniere, die mittels Sonderzuges nach Kyllburg befördert wurden, sind mit der Sprengung der Eismassen beschäftigt.

In diversen Zeitungen wird dieser Spendenaufruf veröffentlicht[3]:

Bitte für die überschwemmten in Kyllburg (Eifel)
Die Gemeinde Kyllburg ist von einem Schweren Unglück betroffen worden. In der Nacht vom 24. auf den 25. d. Mts. stieg in Folge einer gewaltigen Eisstauung das Wasser der Kyll plötzlich bis zu einer ungeahnten Höhe und überschwemmte in einem Zeitraum von kaum 15 Minuten den ganzen unteren Ort. Nur mit Mühe konnten die im ruhigen Schlaf überraschten Bewohner das nackte Leben retten; an ein Bergen des Viehes und der in den Kellern und den unteren Wohnräumen der Häuser lagernden Vorräthe an Lebensmitteln war nicht mehr zu denken. Alle Kartoffeln, die Hauptnahrung des armen Mannes, sind verdorben; desgleich die Futtervorräthe für das Vieh. Da die Ueberschwemmten zumeist arme Leute sind, so ist die Noth groß. Die ohnehin schon schwer belastete Gemeinde vermag allein ausreichende Hülfe nicht zu gewähren; hierzu muß die allgemeine Mildthätigkeit in Anspruch genommen werden. An diese wenden sich vertrauensvoll die Unterzeichneten mit der herzlichen Bitte um Liebesgaben. für die armen Ueberschwemmten; zur Empfangnahme derselben gerne bereit ist der Schatzmeister, Pfarrer und Definitor Müller, sowie die Unterzeichneten “Wer den Armen gibt, leiht dem, Herrn.”

Brune, Apotheker, Dietz, Bürgermeister, Fiderichs, Gerber, Glöckner, Bahnmeister, Herlach, Kgl. Forstaufseher, Kreutz, Post Assistant, Kronibus, Maurermeister, Linden, Stationsvorsteher, Müller, Pfarrer und Definitor, Nusbaum, Kgl. Rentmeister, Quirin, Bildhauer, Schilz, Landmesser, Schlosser, Kgl. Förster, Schulte, Th., Techniker, Schulte, W., Kaufmann, Dr. Strack, Arzt, Voigt, Kgl. Oberförster, Witt, Steinbruchbesitzer

Die Kölnische Zeitung vom 10. Februar 1891 berichtet darüber folgendes[4]:

Kyllburg, 8. Febr. Der Eisgang der Kyll ist im ganzen glücklich verlaufen; das plötzlich eintretende Hochwasser trug die meisten Eisschollen über die Ufer hinaus und setzte sie dort ab, da die Kyll schnell wieder fiel. Weil nun an der Kyll fast nirgendwo Gebäude bis dicht an das Ufer herantreten, so blieb das Eigentum in der Regel vor Schaden bewahrt.
Nur nicht in Kyllburg, wo viele Häuser unmittelbar am Wasser stehen, dessen Steigen die Bewohner zur Nachtzeit überraschte und überaus schwer geschädigt hat .Ein hier zusammengetretener Ausschuß veröffentlicht (auch in der Kölnischen Zeitung) eine Bitte um Zuwendung milder Gaben an die zum Teil sehr armen Betroffenen. Wenn Manderscheid „die Krone der Eifel“ genannt worden ist, so möchten wir Kyllburg als ihr „Halsgeschmeide" bezeichnen und hoffen, daß die vielen Gäste und Besucher unserer lieblichen Gegend, welche in von Jahr zu Jahrsteigender Zahl bei uns Erholung und Stärkung suchten und fanden, unserer unglücklichen Mitbürger freundlich gedenken werden.