Tellspiele

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Die Malberger Tellspiele fanden in den 1920er Jahren auf einer Naturbühne in der Nähe der heutigen Kläranlage statt.

Anzeige für die Tellspiele 1922[1]
Anzeige für die Tellspiele 1924[2]
Anzeige für die Tellspiele 1929

Der Malberger Pastor Heidger hatte Anfang der 1920er Jahre die Idee, Wilhelm Tell, Schillers Drama über den Freiheitskampf der Schweizer gegen die Habsburger, in Malberg aufzuführen. Damals spielte das ganze Dorf mit.

Anfang der 1920er Jahre gehörte die Eifel zur preußischen Rheinprovinz. Nach dem Ersten Weltkrieg war das westliche Rheinland von französischen Truppen besetzt. Malberg war ein armes Arbeiterdorf, das Eifelwerk der größte Arbeitgeber. Die Inflation machte den Menschen zu schaffen. Wilhelm Tell aufzuführen, galt als eine Art Rebellion gegen die französischen Besatzer. Das Stück traf den Zeitgeist. Tausende von Zuschauern reisten mit dem Zug nach Malberg, um das Schauspiel zu sehen.

In größeren Städten war es in den 1920er Jahren von der Besatzungsmacht verboten, Wilhelm Tell aufzuführen. Doch die gewitzten Malberger erhielten von den französischen Militärs eine Genehmigung. Sie machten den Behörden glaubhaft, dass es sich in der Eifel eher um eine religiöse Veranstaltung braver Bürger handelte und spielten zum Beweis vorher ein ganz besonderes Marienlied.

Pfingsten 1922 führte die „Eifeler Volksbühne“ das Drama Wilhelm Tell auf einer Freilichtbühne an der Kyll auf. Die Tellspiele wurden ein sensationeller Erfolg, es gab 43 Aufführungen in den Jahren 1922, 1924 und 1929 mit insgesamt über 100.000 Zuschauern, die mit Sonderzügen nach Malberg kamen und den Ort bekannt machten.

Zeitungsberichte 1922

Jugendherbergen und Tellaufführungen zu Malberg bei Kyllburg.
Die Kunde von der Aufführung des Dramas Tell auf der wunderbaren Freilichtbühne zu Malberg ist über die Grenzen der engeren Heimat hinausgedrungen. Aus aller Mund kommt ungeteiltes Lob. Besonders wertvoll ist der Besuch dieses Tellspiels für Schulen. Die Ortsgruppe Trier für Jugendherbergen hat jetzt in Kyllburg zwei Jugendherbergen eingerichtet. Im alten Schulhaus und beim Gärtner Schmalz auf dem Stiftsberg stehen 50 Betten, davon 10 mit Bettwäsche in getrennten Zimmern. Das Schlafgeld beträgt pro Kopf und Nacht 2 ℳ für Jugendliche (bis 20 Jahre) und 3 ℳ für Erwachsene. Die Benutzung eines Bettes mit Wäsche kostet einheitlich 10 ℳ. Das Benutzungsrecht der Jugendherbergen muß vorher erworben sein. Anmeldungen sollen spätestens acht Tage vor der Benutzung an Lehrer Moll, Kyllburg, erfolgen. Wer die Reise nach Malberg gemacht hat, versäume nicht, sich unter Benutzung er Jugendherbergen die landschaftlichen Schönheiten der Umgebung anzusehen. Lohnend ist ein Abstecher nach der Klosterruine Himmerod, deren Aufbau geplant ist. Nicht minder zu empfehlen ist der Besuch der Töpferei und Korbflechterei in Speicher. Jugendherbergen stehen an beiden Orten zur Verfügung.[3]
Eifeler Volksbühne. Im Juni des Js. ist in Malberg an der Kyll (Bahnstation Kyllburg) eine neugegründete „Eifeler Volksbühne" (e.V.) mit einer großangelegten Tell-Aufführung an die Oeffentlichkeit getreten. Gründer dieser Volksbühne ist Karl Heidger, Pfarrer von Malberg. Er hat es in aller Stille unternommen, ganz nahe am Ufer der Kyll eine Naturbühne zu erbauen, deren Szenerie für die Tellaufführung sich aufs natürlichste in den waldigen Abhang des Kyllufers einfügt. Der Zuschauerraum ist auf der anderen Kyllseite auf einer großen Wiese erbaut und umfaßt ungefähr 2000 überdeckte Sitzplätze. Die Aufführungen finden noch den ganzen September hindurch jeden Sonntagnachmittag von 3—7 Uhr statt. Die Regie, die kaum etwas zu wünschen übrig läßt, liegt in den Händen des Pfarrers Heidger, die Darsteller sind ausschließlich Malberger, meistens Kleinbauern, Handwerker und Arbeiter. Die Aufführungen sind ohne große Reklame begonnen worden und heute, nach wenigen Monaten, ist der Besuch so stark, daß der Zuschauerraum kaum ausreicht. Die Darbietung hat sich selbst empfohlen. ein Besuch verlohnt sich sicher. Hoffentlich tritt die Eifeler Volksbühne im nächsten Frühjahr wieder mit einer Aufführung an die Oeffentlichkeit. Echte Volkskunst wird in unserer sozialen Zeit den Anteil aller wahren Volksfreunde finden.[4]

Zeitungsberichte 1924

Die Tellspiele in Malberg bei Killburg werden in diesem Sommer wiederholt. Die Mitspieler sind ausschließlich Einwohner des Dorfes. Jeder Sonntag bis einschließlich August ist Spieltag. Die Freilichtbühne liegt unmittelbar an der Kill, auf der sich die Flucht Baumgartens im Kahn vollzieht. Der Berghang steigt mit der Bühne empor, Riesenbuchen überschatten das Spielfeld. Eine breite, von oberen her ziehende Straße ermöglicht die Inszenierung der Sennen- und Schnitterzüge und den Anmarsch von Geßler und seinem Reitertroß.[5]
Die Tellspiele in dem Eifeldörfchen Malberg bei Kyllburg (Eisenbahnstrecke Köln–Trier, Station Kyllburg) finden noch während des ganzen Monats August an allen Sonntagen statt. Bisher waren die Vorstellungen stets ausverkauft; das ist bei einem überdachten Zuschauerzelt mit 2200 numerierten Sitzplätzen ein Beweis für die starke Anziehungskraft der Spiele.[6]
Wilhelm Tell
auf der Freilichtbühne in Malberg (Eifel)
Pfingstmontag. Der Zug hält in Kyllburg, dem weit und breit bekannten Eifel-Luftkurort. Wir steigen aus, jedoch nicht, um als Kurgäste die schöne Eifelluft zu genießen, sondern um uns das Freilichtbühnenspiel, Schillers „Wilhelm Tell“ in Malberg anzusehen. Oben in Kyllburg angekommen, führt der Weg rechts ab nach Malberg. Die Kyll hat jedoch den weiten Weg um den Berg machen müssen und erst von den letzten Häusern von Kyllburg an begleitet sie uns wieder in nördlicher Richtung. Fluß und Weg machen dann plötzlich eine scharfe Biegung nach Westen und unvermittelt stehen wir vor einem wahrhaft entzückenden Bild. Saftige Wiesen durchziehen das Tal; schöne Waldungen krönen rings die Höhen, steilen plätschert unten der muntere Fluß. Obst- und Gemüsegärten, vielfach Terrassenförmig angelegt, geben dem Tal noch einen besonderen Schmuck. Im Westen erhebt sich von der Hardt aus bis ungefähr in die Mitte des mit allen Reizen einer verschwenderischen Natur ausgeschmückten Talkessels eine Felskante. Hier stehen die hohen Mauern eines stolzen Schlosses, das sich in den klaren Fluten der Kyll spiegelt. Malberg ist der Name des Schlosses und auch des Dorfes, dessen größtenteils altertümliche Häuser sich eng an den Nordabhang des Schloßberges in reizender Gruppierung um das schmucke Dorfkirchlein anschmiegen.
In Scharen strömen heute auf der schattigen Landstraße die Manschen, die teilweise in eigens für die Spielzeit eingelegten Sonderzügen von fern her gekommen sind, dem Oertchen zu. In Malberg selbst herrscht ein reges Leben und Treiben. Jung und alt ist auf den Beinen, um die letzten Vorbereitungen für die diesjährige Eröffnung der Tellspiele zu treffen.
Nach kurzem Besuch beim Leiter der Spiele, Herrn Pfarrer Heidger von Malberg, von dem wir freundlich empfangen werden, begeben wir uns auf den Tellplatz. Die steilen Bergabhänge dicht am Dorf auf dem linken Ufer der Kyll bilden die Bühne. Entzückende Schweizerhäuschen schmiegen sich hier malerisch an den steilen Abhang. Im Hintergrund erhebt sich die noch im Bau befindliche Zwing Uri. Gegenüber auf dem anderen User des Flusses liegt die überdeckte Tribüne für die Zuschauer mit 2200 Sitzplätzen. Von 12 Uhr ab füllt sich allmählich die Tribüne.
Um 1 Uhr beginnt die Aufführung, an der annähernd 300 Personen, alle aus der Malberger Pfarrgemeinde, mitwirken. Ein ernstes, arbeitsames Völkchen sind die Malberger. In harter Arbeit, als Kleinbauern. Handwerker oder Arbeiter in den nahen Steinbrüchen und auf dem Malberger Hüttenwerk verdienen sie ihren Unterhalt. Aber trotzdem sie von jeher unter schwierigen Verhältnissen lebten, haben sie doch stets mit ihrer innigen Liebe zu den heimischen Bergen auch ihren Frohsinn bewahrt, allzeit aufgelegt zu frohen Sang und Spiel. Mit Begeisterung wurde daher im ganzen Oertchen die Anregung des Spielleiters, hier in der herrlichen Gebirgslandschaft Schillers „Wilhelm Tell“ darzustellen, aufgenommen. Jung und alt hat sich freudig in den Dienst der großen Sache gestellt.
Alle Spieler leisten ihr Bestes. Die Hauptrollen werden wirklich mustergültig dargestellt. Schillers Schauspiel, das uns von der Heimat- und Freiheitsliebe der Schweizer kündet, wird hier ureigenstes Erlebnis. Man vergißt, daß man in Malberg ist, vergißt, daß die Berge nicht wirkliche Schweizer Berge sind, vergißst, daß das Bächlein im Tal nicht der Vierwaldstätter See ist.
Besonders gut gefiel die Apfelschußszene und die Rütliszene. Eine Aufführung auf einer solchen Naturbühne kommt dem Ideal sehr nahe. Allen Mitwirkenden, in erster Linie aber dem, Leiter, Herrn Pfarrer Heidger, gebührt vollste Anerkennung für das, was sie in mühevoller Arbeit hier Prächtiges geboten haben.
Zum ersten Male fanden die Aufführungen im Sommer 1922 statt. Weit über 100000 Besucher wurden während dieser Spielzeit gezählt.
Die Spiele finden in diesem Jahr im Juni, Juli und August jeden Sonntag statt. Nähere Auskunft erteilt die „Eifeler Vollsbühne, E.V., Malberg“.
Jedem, der es ermöglichen kann, einmal aus dem geschäftigen Getriebe des Alltags nach den prächtigen Eifelbergen hinzueilen, kann ein Besuch der Malberger Aufführungen nur dringend empfohlen werden. Die schönen Spiele inmitten einer herrlichen Landschaft — Kyllburg allein und das malerische Kylltal sind eines Besuches von einigen Tagen wert — bieten ihm reichlich Entschädigung für die Mühen der Reise.
Dr. A. G.[7]
Kyllburg (Eifel): Die Tellspiele in Mahlberg haben insgesamt rund 50000 Mark eingebracht. Der Reinertrag dürfte etwa 15000 Mark betragen.[8]

Zeitungsbericht 1928

[…] Mit etwas mehr finanziellem Erfolg arbeitete während einiger Sommer die im romantischen Kylltal unweit der bekannten Eifelsommerfrische Kyllburg gelegene Naturbühne Malberg, wo man Schillers Tell mit guten Erfolgen herausbrachte. Leider haben die Winterstürme hierein böses, kaum wieder gutzumachendes Spiel mit den einzig schönen Naturkulissen getrieben. Die mächtige Tellbuche, in deren Schatten da reizende Schweizerhäuschen stand und die herrlichen Szenen des Tellspiels vor sich gingen, ist den Unwettern zum Opfer gefallen. Zweimal wurde das Zuschauerzelt vom Sturm zerrissen, Felsstürze und andre Naturereignisse haben die Naturkulissen arg verschandelt; hierzu kam noch ein Eisgang, der das schöne Landschaftsbild völlig verschandelte und verwüstete. Die Malberger Tellgemeinde, die auch eine wirtschaftliche Krise erlebte, in guten Jahren aber aus ihrem Gewinn manche Not der Gemeinde lindern half, lebt aber wieder auf und stellt in Aussicht, daß, wenn nicht schon dieses Jahr, so aber sicher im nächsten Jahr die so beliebten Malberger Tellspiele wieder in Szene gehen werden.[9]

Quellen