Gasthaus zur Pinn

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Gasthaus Weber vor dem Umbau 1905
Gasthaus Weber 1939
2002 Pizzeria Bella Italia

Das Gebäude Bademer Straße 4 steht an der Stelle einer alten Nagelschmiede und diente viele Jahrzehnte als Gasthaus. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird das Gebäude nach wie vor „de Pinn“ (Pinnen = Nägel) genannt.

Baubeschreibung

Der aus zwei Teilen bestehende Baukomplex nahm ursprünglich die gesamte Breite des Geländestreifens zwischen Straße und Fluss ein, heute ist die Situation durch Aufschüttungen verändert. Der ältere Teil, der nach den charakteristischen Segmentbogenfenstern aus dem frühen 19. Jahrhundert stammt, wurde in jüngerer Zeit durchgreifend modernisiert, so dass im Wesentlichen nur noch die Fassade zur Bademer Straße alt ist. Unregelmäßigkeiten in der Ausführung der Fenstereinfassungen lassen auf spätere Veränderungen des ursprünglichen Zustandes schließen. Anstelle eines westlich angrenzenden, niedrigeren Hauses errichtete der damalige Besitzer Jakob Weber 1905 ein neues Gasthaus, dessen Eingangsfront zur Brückenauffahrt orientiert ist. Es handelt sich um einen großvolumigen, zweigeschossigen Bau mit Mansarddach, dessen historisierende Bauformen sich weitgehend an barocken Vorbildern orientieren. Bis auf einen Terrassenvorbau an der Kyllseite ist das Gebäude äußerlich kaum verändert. Der Wert des Gebäudekomplexes liegt weniger in seinem architektonischen Erscheinungsbild als in seiner historischen Bedeutung (ältestes Gasthaus Kyllburgs in charakteristischer Brückenkopflage).

Namen und Inhaber der Gaststätte

Jahr Name Inhaber
bis ca. 1840 Pinnenschmiede Kaufmann
ca. 1844 Kramladen Densborn Margarethe Densborn
ca. 1848 Gasthaus Weber Peter und Margarethe Weber, geb. Densborn
1887 Gasthaus Weber Theodor Weber
1912 Gasthaus Weber Jakob Weber
1945 Gasthaus Weber Theo Weber
1948 Gasthaus Weber Maria Thömmes
1955 Gasthaus Weber Hermann Thömmes
1958 Gasthaus zur Pinn Hermann Thömmes
1983 Pizzeria Bella Italia Vito Gangarossa
1990 Pizzeria Bella Italia Antonio Pandozzi

Geschichte

Der Vorgängerbau bestand mindestens seit 1701, wie ein alter Türsturz im Keller des Hauses vermuten lässt. Hier wurde eine Nagelschmiede, eine sogenannte Pinnenschmiede, betrieben. Vor der maschinellen Massenproduktion von Stahlnägeln mussten die benötigten Nägel in mühevoller Handarbeit geschmiedet werden. Mit der industriellen Revolution wurde die Handfertigung der relativ weichen Eisennägel unrentabel. Der letzte Nagelschmied in dieser Schmiede war ein Herr Kaufmann. Er starb in den 1840er Jahren. Seine Nichte Margarethe Densborn (Kriemisch Griet) erbte das Haus. Sie ließ es umbauen und betrieb dort einen Kramladen.

Sie heiratete den Bäcker Peter Weber. Dieser war der jüngste Sohn von Johann Joseph Weber, der in einem Haus in der Stiftstraße (Stiftstraße 22) ein Hotel betrieben hatte.

Nun wurden auch Brot und Mehl in der Kriemisch Griet verkauft.

Da die Straßen befestigt und ausgebaut wurden und auch vom bevorstehenden Bau der Eisenbahn die Rede war, bemühte sich Katharina Weber um eine Gastwirtschaftskonzession. Diese soll 1848 erteilt worden sein.

Der Kramladen wurde beibehalten, mehrere Kostgänger aufgenommen und Landwirtschaft betrieben, u.a. auch Hopfen angebaut. Im Laufe der Jahre kam die „Pinn“ zu einem gewissen Wohlstand.

Peter Weber starb 1876, seine Frau lebte noch bis 1888. Ein Jahr vor ihrem Tod übergab sie das Geschäft ihrem Sohn Theodor Weber. Er war Kriegsinvalide des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71, Träger des Eisernen Kreuzes zweiter Klasse und von 1876 bis 1886 Exekutor im Steuerbezirk Kyllburg. 1878 heiratete er Susanne Niederprüm, eine Gastwirtstochter aus dem Hause Thiessen-Niederprüm, die sich als Gastwirtin bewährte.

Theodor Weber ließ die „Pinn“ umbauen. Zur Kyll hin befand sich, wie heute noch, die Wirtsstube. Sie war etwa ein Viertel so groß wie heute. Gegenüber befand sich noch ein kleiner Laden, ein Überbleibsel des Kramladens. Hier wurden dicker, schwarzer Tabak (Rolltabak), schwarze und weiße Tonpfeifen, Feuersteine, Zunder usw. verkauft. 1/4 Pfund Tabak und für 2 Pfennig Schwaamb, d.h. Zunder, waren am meisten gefragt. Tabak kostete 18 Pfennige, eine Tonpfeife 2 Pfennige und ein Feuerstein 3 und 5 Pfennige. Dieser Raum wurde beim Umbau 1887 zur „guten Stube“. So blieb es bis 1905.

In diesem Jahr entstand der Neubau, wie er heute auf den alten Kellermauern steht. Zur Kyll hin wurde er um 1,25 m verbreitert. Baumeister war der alte Kronibus. Wie gut und stabil er gebaut hatte, zeigte sich bei der Sprengung der Brücke 1945. Der Wirtschaftsbetrieb war damals während des Umbaus für zwei Jahre in das Haus Thiessen verlegt worden.

Theodor Weber verstarb 1921, seine Frau Susanne 1928.

1912 übernahm Jakob Weber die „Pinn“. Nach einer kaufmännischen Lehre lernte er in Köln das Hotelgewerbe kennen. Er heiratete Clementine Niemand, die aus einer westfälischen Stadt stammte. Sie war Teilhaberin eines Lebensmittelgeschäftes. Nach der Heirat richtete sie in der „Pinn“ ein gutgehendes Lebensmittelgeschäft ein. Sie starb 1939 in Bonn nach einer Operation. Auch Jakob Weber starb sehr früh, kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner 1945.

Von den beiden Söhnen Jakob und Theo Weber kehrte der älteste Sohn Jakob, der die „Pinn“ übernehmen sollte, nicht mehr aus dem Krieg zurück. Sein Schicksal ist unbekannt.

Theo Weber übernahm den elterlichen Betrieb. Nach dem Tod seiner Frau half seine Schwester Maria (verheiratete Thömmes) im Betrieb mit. Während der Kriegsjahre war sie maßgeblich an der Aufrechterhaltung des Betriebes beteiligt und sorgte dafür, dass der Betrieb am 1. Mai 1948 wieder aufgenommen werden konnte. Inzwischen war auch Marias Sohn Hermann in den Familienbetrieb eingestiegen. Maria Thömmes verstarb am 16. April 1951, ihr Mann Nikolaus am 23. August 1955.

Auf gemeinsamen Beschluss der Familie erbte ihr Sohn Hermann Thömmes den Betrieb und führte ihn zusammen mit seiner Frau Angelika, geb. Klein, bis 1983. Hermann Thömmes war es auch, der dem Gasthaus Weber den neuen Namen „Gasthaus zur Pinn“ gab.

1983 zog sich das Ehepaar Thömmes zurück und verpachtete das Gasthaus an den Italiener Vito Gangarossa. Dieser eröffnete eine Pizzeria. 1990 folgte der nächste Pächter, Antonio Pandozzi, der seitdem ebenfalls eine Pizzeria betreibt. Seit 1983 trägt das Gebäude den Namen Pizzeria „Bella Italia“.