Fortbildungsschule

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Die Fortbildungsschule war eine berufsbegleitende Abendschule für Lehrlinge und Gehilfen zwischen 14 und 18 Jahren. Ihren Unterricht nahm die Schule am 5. November 1894 auf. Am Unterricht nahmen zunächst 18 Schüler teil. Der Berufsschulunterricht endete in Kyllburg erst 1963 mit der Auflösung der Mädchenberufsschule.

Die ersten Fortbildungsschulen wurden in Preußen nach 1870 gegründet. Ab 1912 hießen sie Berufsschulen.

Lehrplan 1894

An 3 Abenden in der Woche, zu je 2 Stunden, fand der Unterricht in den Räumen der Kyllburger Schule statt. Auf dem Lehrplan standen:

  1. Zeichnen - 3 Stunden
  2. Rechnen - 1 Stunde
  3. Raumlehre (Geometrie) - 1 Stunde
  4. Aufsatz - 1 Stunde

Die Fortbildungsschule war eine Pflichtschule, von deren Besuch nur die Auszubildenden der Apotheken und diejenigen befreit waren, die einen Nachweis erbrachten, dass sie die an der Schule gelehrten Lerninhalte schon beherrschten. Zur Teilnahme verpflichtet waren laut Statuten:

„§.1.

Alle in der Gemeinde Kyllburg sich regelmäßig aufhaltende, noch nicht 18 Jahre alten Lehrlinge & in gewerblichen Betrieben beschäftigten Arbeiter sind verpflichtet, die am hiesigen Orte errichtete gewerbliche Fortbildungsschule an den festgesetzten Tagen & Stunden zu besuchen & an dem Unterrichte teil zu nehmen.“

Wenn die Regeln der Schulstatuten nicht eingehalten wurden, drohte dem Verursacher eine empfindliche Geldstrafe in Höhe von 20 Mark, ersatzweise bis zu 3 Tagen Haft.

Die Schule fand statt im Wintersemester, das von November bis Ostern ging.

Schulstatuten

§.1.

Alle in der Gemeinde Kyllburg sich regelmäßig aufhaltende, noch nicht 18 Jahre alten Lehrlinge & in gewerblichen Betrieben beschäftigten Arbeiter sind verpflichtet, die am hiesigen Orte errichtete gewerbliche Fortbildungsschule an den festgesetzten Tagen & Stunden zu besuchen & an dem Unterrichte teil zu nehmen.

§.2.

Befreit von dieser Verpflichtung sind nur:

  1. Die Lehrlinge & Gehülfen in den Apotheken,
  2. Diejenigen Lehrlinge & Arbeiter, welche den Nachweis führen, daß sie die Kenntnisse & Fertigkeiten besitzen, deren Aneignung das Lehrziel der Anstalt bildet.

§.3.

Alle über 18 Jahren alten Personen, welche in dem Gemeindebezirke wohnen, dersonstige in nichtgewerblichen Betrieben beschäftigte Personen können gegen Zahlung des Schulgeldes, wenn der Platz ausreicht, auf ihren Wunsch zur Teilnahme am Unterricht zugelassen werden. Der Schulvorstand bestimmt über die Aufnahme solcher Schüler.

§.4.

Für jeden zum Besuche der Schule verpflichteten Lehrling oder gewerblichen Arbeiter sind die Eltern oder diejenigen Personen, welche sonst nach gesetzlicher Vorschrift oder auf Grund von Verträgen den Unterhalt zu gewähren haben, verpflichtet, den von dem Schulvorstande festzusetzenden Jahresbeitrag zu den Kosten der Unterhaltung der Schule in halbjährlichen Raten im Voraus an die Gemeindekasse zu leisten. Freiwillig die Fortbildungsschule Besuchende haben denselben Beitrag als Schulgeld zu entrichten & haften für den Eingang des selben die Eltern oder Vormünder des Schülers. Bei nachgewiesener Dürftigkeit der Zahlungspflichtigen kann der Betrag ermäßigt oder nachgelassen werden.

Das Schulgeld wird alljährlich nach Bedürfnis & nach Maßgabe des Haushaltungsplanes von dem Schulvorstande festgesetzt.

§.5.

Zur Sicherung des regelmäßigen Besuchs der Fortbildungsschule durch die dazu Verpflichteten, sowie auch zur Sicherung der Ordnung in der Fortbildungsschule werden folgende Bestimmungen erlassen.

  1. Die zum Besuche der Fortbildungsschule verpflichteten Schüler müssen sich zu den für sie bestimmten Unterrichtsstunden rechtzeitig einfinden & dürfen dieselben ohne ein nach Ermessen des Leiters der Schule oder Lehrers ausreichende Entschuldigung nicht ganz oder zumteil versäumen.
  2. Sie müssen die ihnen als nötig bezeichneten Lehrmittel in den Unterricht mitbringen.
  3. Sie haben die Bestimmungen des für die Fortbildungsschule erlassene Schulreglement genau zu befolgen.
  4. Sie dürfen den Unterricht nicht durch ungebührliches Betragen stören & die Schulutensilien & Lehrmittel nicht verderben oder beschädigen.
  5. Sie haben sich den vom Lehrer bezüglich des Unterrichts getroffenen Anordnungen zu unterwerfen.

Zuwiderhandlungen werden nach §.150.N.4. der Gewerbeordnung, in der Fassung des Gesetzes, betreffend die Abänderung der Gewerbe-Ordnung vom 1. Juni 1891 mit Geldstrafe bis zu 20 M oder im Unvermögensfalle mit Haft bis zu 2 Tagen bestraft, sofern nicht nach gesetzlichen Bestimmungen eine höhere Strafe verwirkt ist.

§.6.

Eltern & Vormünder dürfen ihre zum Besuche der Fortbildungsschule verpflichteten Mündel nicht davon abhalten. Sie haben ihnen vielmehr die dazu erforderliche Zeit zu gewähren.

§.7.

Die Gewerbetreibenden haben jeden von ihnen beschäftigten spätestens am 6. Tage, nachdem sie ihn angenommen haben, zum Eintritt in die Fortbildungsschule bei dem Leiter der Anstalt anzumelden & spätestens am 3. Tage, nachdem sie ihn aus der Arbeit entlassen, bei dem Leiter der Anstalt abzumelden. Sie haben die zum Besuche der Fortbildungsschule Verpflichteten so zeitig von der Arbeit zu entlassen, daß sie rechtzeitig im Unterrichte erscheinen können.

§.8.

Die Gewerbetreibenden haben einen von ihnen beschäftigten Lehrling oder Gehülfen, der durch Krankh. am Besuche des Unterrichtes gehindert gewesen ist, bei dem nächsten Besuche des Unterrichtes hierüber eine Bescheinigung mitzugeben. Wenn sie wünschen, daß ein Lehrling oder Gehülfe aus dringenden Gründen vom Besuche des Unterrichtes für einzelne Stunden oder für längere Zeit entbunden werde, so haben sie dieses bei dem Leiter der Schule so zeitig zu beantragen, daß dieser nötigenfalls die Entscheidung des Schulvorstandes einholen kann.

§.9.

Eltern & Vormünder, die dem §.6. entgegenhandeln, Meister & Betriebsunternehmer, welche die im §.7. vorgeschriebenen An- & Abmeldungen überhaupt nicht oder nicht rechtzeitig machen, oder die von ihnen beschäftigten schulpflichtigen Lehrlinge & Gehülfen ohne Erlaubnis aus irgendeinem Grunde veranlassen, den Unterricht ganz oder zum teil zu versäumen oder ohne die im §.8. vorgeschriebene Bescheinigung dann nicht mitgeben, wenn der Schulpflichtige krankeitshalber die Schule versäumt hat, werden nach Maßgabe des §150 Nr. 4 der Gewerbeordnung vom 1. Juni 1891 mit Geldstrafe bis zu 20 M. oder im Unvermögensfalle mit Haft bis zu drei Tagen bestraft.

§.10.

Vorstehendes Ortsstatut tritt mit dem 1. Nov. 1897 in Kraft.

Kyllburg, den 15. Sept. 1897.

Der Bürgermeister

gez. Dietz