Annenaltar

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Der Annenaltar ist ein Epitaph des Kanonikers Johannes Karl von 1629. Es steht an der Nordseite des Kirchenschiffs unmittelbar vor den Chorgestühl. Bildhauer des Altares war der Steinmetz Adam Donner.

Geschichte des Altar

Als Dr. Franz Bock in den 1890er Jahren sein Buch über die Stiftskirche schrieb, stand der Annenaltar zwischen Chorgestühl und Kanzel vor der damals zugemauerten Kreuzgangtüre. Bock hat den Altar gründlich untersucht und auf der Rückwand des Altaraufbaus kleine gemalte Heiligenfiguren entdeckt, die stilistisch dem 14. Jahrhundert zuzuordnen sind. Er schloss daraus, dass der Annenaltar Elemente des mittelalterlichen Hochaltars der Stiftskirche enthält.

Im Jahr 1926 wurde der Annenaltar an die Nordwand der Stiftskirche versetzt, genau gegenüber der Kreuzgangtür. Von hier aus ist er ein großartiger Blickfang für alle, die von dort kommend die Stiftskirche betreten. Bei dieser Umstellung wurden auch Ausbesserungsarbeiten durchgeführt. Die Renovierung bestand aus der Ergänzung einiger Teile, da das Jesuskind abhandengekommen war, bei einigen Figuren Hände oder Symbole fehlten und der gesamte Unterbau erneuert werden musste. Da damals Restauratoren für eine Farbfassung fehlten, wurde der Altaraufbau einheitlich mit grauer Ölfarbe überstrichen. Leider wurden die gemalten Figuren auf der Rückwand des Altares damals nicht eingehend untersucht. Die Renovierung wurde auf dem Antipendium des Altares verewigt. Die Inschrift lautet:

ST.ANNA MEMORARE PIE MATRUM PAROCHIAE KYLLBURG HOC ALTARE TIBI 1629 DEDICATUM RENOVATUM A.1926

zu deutsch: HEILIGE ANNA, GEDENKE GNÄDIG DER MUTTER DER PFARREI KYLL­BURG DIESER ALTAR WURDE DIR 1629 GEWEIHT; RENOVIERT IM JAHRE 1926

Die Renovierung des Altares im Jahr 1989 war eine echte Restaurierung. Das bedeutet, dass die ursprünglichen Farben des Altares wiederhergestellt wurden. Unter der Ölfarbe von 1926 konnten vier Farbschichten nachgewiesen werden. Der Annenaltar erstrahlt nun wieder in seiner ursprünglichen Farbigkeit, wie vor Jahrhunderten. Der Stifter widmete den Altar zur größeren Verherrlichung Gottes und zu Ehren der heiligen Anna, der Mutter der seligen Jungfrau.

Deutung der dargestellten Szene

Der Stifter widmete den Altar der größeren Verherrlichung Gottes und der Ehre der heiligen Anna, der Mutter der seligen Jungfrau. Das Altarbild zeigt das Jesuskind in der Mitte, das seine Hände segnend über die Beter und Betrachter ausstreckt. Darüber befindet sich die Taube als Symbol des Heiligen Geistes. Der Geist des Herrn ruht auf Jesus, der gesandt wurde, den Armen eine frohe Botschaft zu verkünden. Auf der Bekrönung des Altares ist Gott Vater inmitten von Wolken dargestellt und trägt die Erdkugel in der Hand, als Zeichen dafür, dass er alles in Händen hält.

Der Altar ist ein Anna Selbdrittaltar, auf dem Jesus neben seiner Mutter Maria und seiner Großmutter Anna sitzt. Es wird angedeutet, dass drei Generationen früher in jedem Haus unter einem Dach zusammenlebten. Im Spätmittelalter und im 17. Jahrhundert waren Anna Selbdrittdarstellungen sehr beliebt. Diese Bilder sollten die Mütterlichkeit der Frauen hervorheben. Die Darstellung der stillenden Madonna in der Turmkapelle basiert auf derselben Überlegung.

Der Altar ist ein Familienaltar. In den Seitennischen außerhalb der Säulen stehen vermutlich der Vater und die Mutter des Stifters. Über ihnen sind Familienwappen oder auch Herkunftszeichen der Familie, Fisch und Traube. Die Eltern hatten acht Kinder. Drei Töchter und vier Söhne knien jeweils unter den Seitennischen, ausgerichtet auf Jesus. Der fünfte Sohn, der Stifter Johannes Carl, kniet ganz nahe vor Jesus. Maria legt ihm die rechte Hand auf die Schulter und empfiehlt ihn ihrem Sohn.

Der 'Annenaltar' zeigt eine dreifache Gemeinschaft:

  • von Vater, Sohn und Heiligem Geist;
  • von Großmutter, Mutter und Kind;
  • von Ehemann, Ehefrau und Kindern.

Die Entstehungszeit des Altares

Der Annenaltar wurde mitten im Dreißigjährigen Krieg gestiftet und gefertigt. Dieser Krieg war der schlimmste in der Geschichte unseres Landes.J eder zweite Bürger starb an Krieg, Hunger oder Pest. Die leidvolle Not der Zeit scheint in den Symbolen der beiden Engel durchzuscheinen: Sie tragen das Kreuz und den Kelch. Die damaligen Menschen mussten reichlich aus dem Leidenskelch trinken und ein besonders schweres Kreuz tragen. Keiner blieb verschont. In einer Zeit, in der man niemandem mehr vertrauen konnte, weder auf Besitz noch auf Menschen, blieb nur Gott als fester Halt übrig. Er war und ist der Fels des Heils. Das Motto des Stifters, das er rückschauend auf sein Leben spricht, verstehe ich aus der Not der Zeit: 'In großer Erwartung habe ich Ausschau gehalten nach dem Herrn!' Nur weil er in den Wirren der Zeit nach dem Herrn Ausschau hielt und auf ihn vertraute, konnte er sich von seinem Besitz lösen und diesen schönen Altar stiften.