Stiftskirche

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Stiftskirche von Südwesten
Siegel des Kyllburger Stiftes, Kölnisches Stadtmuseum, Inventar-Nr. 1967/144

Kleine, vollständig erhaltene Stiftsanlage des 13. und 14. Jahrhunderts in beherrschender Lage auf dem höchsten Punkt des Kyllberges.

Nach der Gründung des Stiftes durch den Trierer Erzbischof Heinrich II. von Finstigen im Jahr 1276 zunächst die Kirche in Angriff genommen und in zwei Bauphasen spätestens bis zum mittleren 14. Jahrhundert fertiggestellt. Als Baumeister wird 1284 ein Zisterziensermönch Heinrich genannt. Zusammen mit der Kirche entstand ein zweigeschossiger Anbau auf der Südseite, der nachträglich, aber wohl noch im 14. Jahrhundert, in den Neubau des langgestreckten Kapitelhauses einbezogen wurde. Etwa zur gleichen Zeit erfolgte die Anlage des quadratischen Kreuzgangs, der sich ebenfalls südlich an die Kirche anschließt.

Der weitgehend im ursprünglichen Zustand erhaltene Bau ist der wichtigste gotische im Kreisgebiet und wegen seiner ungewöhnlichen Raumform auch für die weitere Region von Interesse. Möglicherweise gab er nach seiner 1865 abgeschlossenen Restaurierung das Vorbild für eine Reihe von Kirchenneubauten im Bitburger Raum ab.

Geschichte

Bereits im 9. Jahrhundert gab es eine Kirche in Kyllburg. Sie entstand vermutlich im Zusammenhang mit einer Schenkung mehrerer, am Kiliberg gelegener Ländereien an die Abtei Prüm, wie aus einer Urkunde aus dem Jahr 800 hervorgeht. 1276 ließ der Trierer Erzbischof Heinrich II. von Finstingen die heutige Kirche „zu Ehren der allerseligsten Jungfrau Maria und aller heiligen Jungfrauen“ errichten. Gleichzeitig gründete er ein Kollegiatstift und erteilte für den Bau der Kirche und der Stiftsgebäude ein Ablassprivileg. In einer Urkunde aus dem Jahr 1284 ist der Zisterziensermönch Heinrich als Baumeister überliefert. Zunächst wurde der Chor errichtet und in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts vollendete man das Langhaus. Danach entstand der Kreuzgang.

Ursprünglich war das Stift mit vier Kanonikern besetzt. Erzbischof Diether von Nassau erhöhte ab 1304 die Zahl der Kanoniker auf zwölf und inkorporierte dem Stift die Pfarrei Kyllburg und weitere Pfarreien. Unter Balduin von Luxemburg kamen 1349 noch andere umliegende Pfarreien hinzu. 1597 begrenzte Erzbischof Johann VII. von Schönenberg aufgrund mangelnder Einkünfte die Zahl der Kanoniker auf zehn. Nach der französischen Eroberung des linken Rheinufers wurde das Sift 1802 säkularisiert und die ehemalige Stiftskirche wurde Pfarrkirche von Kyllburg.

Architektur

Außenbau

Der Außenbau spiegelt die beiden Bauphasen wider. Der Chor und die beiden östlichen Joche, die auf die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts zurückgehen, sind aus verputztem Bruchsteinmauerwerk errichtet, während die zu Beginn des 14. Jahrhunderts entstandenen westlichen Joche und der untere Teil des Turmes aus regelmäßig behauenen Sandsteinquadern ohne Putz ausgeführt sind. Die östlichen Bauteile weisen große Spitzbogenfenster auf, das westliche Langhaus ist von wesentlich kleineren Öffnungen durchbrochen. Die oberen Turmgeschosse und der steinerne Helm wurden erst bei der Renovierung der Kirche 1863/64 aufgesetzt.

Das Westportal ist mit Fialen verziert und wird von einem Wimperg und einer Maßwerkrosette bekrönt. Die Rosette wurde 1994 durchbrochen und mit Glasfenstern versehen. Auf dem Fenster ist Maria als Himmelskönigin dargestellt. Darüber Gedächtnisfenster für die Gefallenen des 1. Weltkrieges 1914-1918, hergestellt von der Firma Binsfeld aus Trier im Sommer 1918. Kostenpunkt 1750 Mark durch eine einmalige Hauskollekte in der Pfarrei aufgebracht. Es zeigt in seinen oberen Teilen das Wappen von Kyllburg, die Jahreszahlen 1914-1918, Kriegerembleme und Lorbeerverzierung. In der Mitte groß ein feldgrauer Krieger, der in voller Ausrüstung vor der Patronin der Pfarrei, der Himmelskönigin kniet und aus den Händen ihrer göttlichen Kinder den himmlischen Siegerlorbeer empfängt. Zur Seite stehen zwei Ritter und unter dem Bilde die Namen der gefallenen Krieger und wann sie gefallen sind

Das Hauptportal befindet sich an der Nordseite. Es ist als Doppelportal gestaltet, an dessen Trumeaupfeiler unter einem Baldachin eine steinerne Madonnenfigur aus dem späten 14. Jahrhundert auf einer mit Laubwerk skulptierten Konsole steht. Ein von Dreipassbögen umgebenes Relief mit der Darstellung des Gotteslammes und ein Kruzifix schmücken das spitzbogige Tympanon.

Innenraum

Das einschiffige Langhaus ist in fünf querrechteckige Joche gegliedert und mit einem leicht gebusten Kreuzrippengewölbe gedeckt. Die aus kräftigen Birnstäben gebildeten Gewölberippen und Gurtbögen ruhen auf dreiteiligen Wanddiensten mit schlichten Kelchkapitellen. Die Schlusssteine sind mit großen Blatt- und Blütenmotiven skulptiert. Ein hoher Triumphbogen öffnet sich im Osten zu dem stark eingezogenen Chor.

Chorfenster

Die Chorfenster wurden 1533 und 1534 von den Kyllburger Kanonikern Bernhard und Jakob in Auftrag gegeben. Vom südlichen Chorfenster sind nur noch Fragmente erhalten, es wurde 1875 weitgehend erneuert. In der Mitte ist die Grablegung und im Maßwerk die Auferstehung Christi dargestellt. Die unteren Felder sind den Heiligen Rochus von Montpellier und Laurentius von Rom gewidmet.

Das zentrale Thema des nördlichen Fensters ist die Anbetung des neugeborenen Jesuskindes. Im Vordergrund kniet Maria, Engel beugen sich über das Kind. Am rechten Bildrand steht Joseph, auf der linken Seite nähern sich die Hirten. Im unteren Feld kniet links der Stifter Jakobus vor dem hl. Antonius. Das rechte Feld zeigt den hl. Nikolaus, der einem Bettler eine Münze gibt. Im Vierpassfenster ist die Szene der Verkündigung dargestellt.

Das mittlere Chorfenster stellt die Kreuzigung Christi dar. Am Fuß des Kreuzes kniet Maria Magdalena. Engel fangen mit Kelchen das Blut Christi auf. Im Maßwerk sind das Lamm Gottes und darunter die Heilige Dreifaltigkeit im Typus des Gnadenstuhls dargestellt. Auf dem unteren rechten Feld kniet der Stifter Bernardus vor Maria, die mit dem Jesuskind das untere linke Feld einnimmt. Hinter Bernardus steht der Apostel Matthias.

Kreuzgang

Südlich an die Kirche schließt sich der quadratische Kreuzgang an. Er ist wie die Kirche aus rotem Sandstein errichtet. Die vier einstöckigen, offenen Flügel sind in acht Joche mit Kreuzrippengewölben unterteilt. Kapitelle und Schlusssteine sind mit Laubwerk und Köpfen skulptiert. Die Außenseiten gliedern abgetreppte Strebepfeiler, zwischen denen sich dreibahnige Maßwerkfenster mit Vierpassrosetten und dreifachem Nonnenkopf öffnen. An den Ostflügel ist das Kapitelhaus angebaut, in dem heute die Sakristei untergebracht ist. Im Kreuzgang befinden sich mehrere Grabsteine und Epitaphien.

Orgeln

Das Werk der Hauptorgel auf der Empore wurde 1993 bis 1994 von dem Orgelbauer Reinhart Tzschöckel (Althütte) erbaut. Das dreiteilige Orgelgehäuse stammt von dem Orgelbauer Stumm aus dem Jahre 1775. Im Mittelteil ist das Rückpositiv untergebracht, links und rechts davon das Hauptwerk und das Pedal. Das Schleifladen-instrument hat 22 Register und ein Röhrenglockenspiel auf zwei Manualwerken und Pedal. Die Spiel- und Registertrakturen sind mechanisch; angesichts der Anbindung an den Spieltisch der Chororgel wurden die Trakturen um elektrische Trakturen ergänzt, die allerdings die mechanische Spielweise am Spieltisch der Hauptorgel nicht beeinträchtigen. Ein Teil des Pfeifenmaterials stammt noch von der Orgel von Stumm aus dem Jahre 1775

Hauptwerk C–g3
1. Principal 8' (h)
2. Gamba 8'
3. Hohlflöte 8'
4. Octave 4'
5. Flöte 4'
6. Quinte 22/3'
7. Octave 2'
8. Terz 13/5'
9. Mixtur IV 11/3'
10. Trompete (B,D) 8'
Röhrenglocken
II Positiv C–g3
11. Gedackt 8'
12. Principal 4' (h)
13. Rohrflöte 4'
14. Octave 2'
15. Quinte 11/3'
16. Mixtur III 1'
17. Cromorne 8'
Tremulant
Pedalwerk C–f1
18. Subbaß 16'
19. Principal 8' (h)
20. Gedacktbaß 8'
21. Octave 4'
22. Posaune 16'
  • Koppeln: II/I, I/P, II/P
  • Anmerkungen
|| (h) = historisches Register von Stumm (1775)

Die Chororgel wurde 1909 von der Orgelbaufirma Roberts & Co. (Leeds, Großbritannien) erbaut, und 2004 von dem Orgelbauer Hubert Fasen in der Stiftskirche aufgebaut. Es stand zunächst vor der linken Seitenkapelle, und wurde 2013 hinter dem Hochaltar aufgebaut, um den Blick auf die Kapelle wieder zu öffnen. im Sommer 2015 wurde die Hauptorgel auf der Empore an den Spieltisch der Chororgel angebunden. In diesem Zuge wurden die Register der Zungenlade im Schwellwerk mit dem Register Seraphine 8' zu einem Solowerk zusammengefasst. Das Instrument hat 25 Register und 3 Effektregister auf zwei Manualwerken und Pedal. Die Trakturen sind elektrisch. Nachfolgend die Disposition mit der Bezifferung der Register der Chororgel (Nr. 1 bis 43) und der Anbindung der Hauptorgel, d.h. Normal-, Suboktav und Melodiekoppeln (Nr. 44-50), Pedalregister (Nr. 51-55) und Hauptwerksregister (Nr. 56-65).[1]

Pedalwerk C–f1
1. Harmonic Bass 32‘
2. Bourdon 16‘
3. Bourdon 8‘
4. Gamba 8‘
5. Fugara 4‘
6. Basson 16‘
7. Cornopean 8‘
8. Clairon 4‘
I Great C–a3
9. Open Diapason 8‘
10. Stopped Diapason 8‘
11. Dulciana 8‘
12. Flute 4‘
13. Tubular Bells
14. Marimba
II Swell C–a3
15. Viola (ab c0) 16‘
16. Open Diapason 8‘
17. Lieblich Gedact 8‘
18. Gamba 8‘
19. Vox celeste 8‘
20. Fugara 4‘
21. Gemshorn 4‘
22. Violin 2‘
23. Oboe 8‘
24. Marimba
Solo C–a3
25. Basson 16‘
26. Cornopean 8‘
27. Seraphine 8‘
28. Clairon 4‘
  • Koppeln der Chororgel (Nr. 29-41)
    • Normalkoppeln: II/I, Solo/I, Solo/II, I/P, II/P
    • Sub- und Superoktavkoppeln: I/I, II/I, II/II
    • Sonstige Koppeln: Unison Off Great, Unison Off Swell
  • Tremulant für Swell (Nr. 42)
  • Effektregister "Rain" (Nr. 43)

Innenausstattung

Stillende Madonna aus dem 17. Jahrhundert

In der Turmkapelle befindet sich ein kleiner Barockaltar, in dessen Nische das steinerne Bild einer thronenden, wuchtigen Madonna steht, die das Jesuskind stillt. Ihr dichtes, gelocktes Haar fällt ihr über die Schultern bis auf die Brust. Die Statue ist deshalb so wertvoll, weil es sich um eine um 1600 entstandene Madonna handelt, die ihrem Kind selbst die Brust gibt. Damals galt es als unschicklich, wenn eine Frau, die eine gewisse gesellschaftliche Stellung innehatte, ihr Kind selbst stillte. Diese „niedere Arbeit“ wurde meist von Ammen verrichtet. Die Figur befand sich früher im Kreuzgang. Sie wurde 1981 restauriert und in der Turmkapelle aufgestellt. Der Altaraufsatz ist ein ehemaliger Seitenaltar der Orsfelder Kirche.

Vor dem Altar befindet sich das Chorgestühl der Grafen von Manderscheid-Kayl aus der Oberkailer Kirche.

St. Matthias Figur aus dem Jahre 1789

Ebenfalls in der Turmkapelle befindet sich die einfach gearbeitete steinerne Figur des Heiligen Matthias. Sie steht in einer halbrunden Muschelnische aus dem Jahr 1778. Figur und Nische waren in den Giebel der im 19. Jahrhundert profanierten Matthiaskapelle am Eingang zur Neugasse eingefügt.

Der neugotische Deckenleuchter stammt aus der Kirche in Steinborn.

Steinerne Pieta aus dem 17. Jahrhundert

Unter der Empore neben dem Treppenaufgang zur Orgelempore steht die ein dezenten Farben gefasste Darstellung der trauernden Maria mit ihrem toten Sohn auf dem Schoß.

Empore aus dem Jahr 1775

Die Orgel wurde wahrscheinlich direkt mit eingebaut. Die barocke Orgel wurde von den Gebrüdern Stumm aus Sulzbach erbaut. Die gesamte Empore und die Orgel wurden 1993/94 renoviert. Die Orgel erhielt eine neue mechanische Spieltraktur. Diese Arbeiten wurden von der Orgelbaufirma Reinhart Tzschöckel ausgeführt. Die Schleierbretter des Gehäuses wurden vergoldet und die seitlichen Brüstungen durch neue ersetzt. Auf den Brüstungsfeldern (von links nach rechts): Hl. Ambrosius, Hl. Cäcilia, Hl. Hildegard von Bingen, Papst Gregor der Große

An den Pfeiler der Empore befinden sich zwei Heiligenfiguren, 1885 vom Kyllburger Bildhauer Peter Quirin geschaffen: links der heilige Aloysius und rechts der heilige Hubertus.


Literatur

  • Franz Ronig: Die Stiftskirche Unserer Lieben Frau zu Kyllburg in der Eifel. Peda-Kunstführer Nr. 163/2001, Kunstverlag Peda, Passau 2001, ISBN 3-89643-169-2
  • Walter Pippke/Ida Leinberger: Die Eifel. DuMont Buchverlag, 4. Auflage, Köln 2004, S. 290−293, ISBN 3-7701-3926-7
  • Ernst Wackenroder: Die Kunstdenkmäler des Kreises Bitburg. (Bearb.) (Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, 12. Band, I. Abt.), L. Schwann, Düsseldorf 1927, S. 133−155 (Unveränderter Nachdruck durch die Akademische Buchhandlung Interbook, Trier 1983, ISBN 3-88915-006-3)

Quellen

  1. Informationen zur Chororgel auf der Website der Orgelbaufirma Fasen